Wie lange dauert die Habituation von Tinnitus?

Inhalte:
Was versteht man unter Habituation?
Die Gewöhnung an den Tinnitus
Das Mindfulness-Based-Tinnitus-Reduction Training (MBTR)
Das neuro-physiologische Modell des Tinnitus
Der typische Tinnitus-Teufelskreis
Das verstärkt deinen Tinnitus
Wie gelingt die Gewöhnung an den Tinnitus?
Ist eine Tinnitus-Gewöhnung wirklich möglich?

Was versteht man unter Habituation?

Habituation ist ein Begriff aus der Hirnforschung und beschreibt, wie lange es dauert, bis sich dein Gehirn in einer positiven Art und Weise an den Tinnitus gewöhnt hat. Anders gesagt: wie lange es dauert, bis dein Gehirn das Ohrgeräusch als unwesentlich und nicht bedrohlich aus allen einlangenden Hörreizen ausfiltert. Die Dauer dieser Habituation (Gewöhnung) ist individuell sehr unterschiedlich, bei einigen Menschen dauert sie nur wenige Wochen, bei anderen hingegen wird Tinnitus chronisch, dh. die Gewöhnung kann ein Jahr oder sogar länger dauern. In diesem Artikel erfährst du, wie du dich so schnell wie möglich an den Tinnitus gewöhnen und damit deine Lebensqualität wieder zurückgewinnen kannst.

Die Gewöhnung an den Tinnitus

Das Wichtigste vorab: du kannst eine Tinnitus-Gewöhnung nicht erzwingen, schon gar nicht geht es bei einer nachhaltigen Tinnitus-Therapie darum, den Tinnitus vollständig zu eliminieren. Es geht darum, anstelle der Tinnitus-Wahrnehmung oder seiner Lautstärke, auf deine (negative) emotionale Reaktionen auf den Tinnitus einzuwirken. Das entspannt deinen Geist und damit indirekt die Intensität und Belastung deiner Tinnitus-Wahrnehmung. In vielen Fällen lässt sich mit einer nachhaltigen Tinnitus-Therapie auch ein mittel- bis langfristiges Verklingen des Tinnitus erzielen, aber wie gesagt nicht auf direktem, sondern indirekten Weg.

Das Mindfulness Based Tinnitus Reduction (MBTR) Training

Eine der wirksamsten Methoden zur Gewöhnung an besonders belastenden (chronischen) Tinnitus ist das Mindfulness-Based-Tinnitus-Reduction Training. Mit der richtigen Anleitung und einer kleinen Portion Selbstmotivation konnten sich Studien zufolge bis zu 80% der Tinnitus-Patienten innerhalb von 12 Monaten an die emotionalen Reaktionen auf ihren Tinnitus gewöhnen und damit ihre Tinnitus-Belastung deutlich reduzieren. Mit anderen Worten: für die meisten Tinnitus-Betroffenen beträgt die Gewöhnungszeit weniger als ein Jahr, wenn sie sich die Mühe machen, vor allem aber wissen, wie sie es anstellen sollen.

Das neuro-physiologische Modell des Tinnitus

Die wissenschaftliche Basis des Mindfulness-Based-Tinnitus-Reduction Trainings ist das so genannte neuro-physiologische Modell. Dieses Modell beschreibt zwei Feedbackschleifen in deinem Körper, die sich auf deine(n) Tinnitus(-wahrnehmung) auswirken.

  • Die erste Feedbackschleife umfasst deine auditive Wahrnehmung des Tinnitus, die aus deinem auditorischen Cortex (der Gehirnbereich oberhalb deiner Ohren) kommt.  Diese erste Feedbackschleife ist besonders in der akuten Phase (bis 6 Wochen nach Auftreten) deines Tinnitus vorherrschend und bestimmt deine mentale Konzentration bzw. deinen Fokus (= Aufmerksamkeit) auf das Ohrgeräusch.
  • An der zweiten Feedbackschleife sind tieferliegende Regionen deines Gehirns beteiligt, wie zB. das limbische System (Amygdala), das emotionale Gedächtnis (Hippocampus) und das autonome Nervensystem. Das limbische System hilft uns dabei, auf bedrohliche Situationen zu reagieren, indem es die Kampf- oder Fluchtreaktion (fight or flight) aktiviert.

Wenn du sehr von chronischem Tinnitus beeinträchtig bist, bedeutet dies in der Regel, dass dein limbisches System bereits darauf reagiert und dich in höchste Alarmbereitschaft versetzt hat. Besonders gefährliche Bedrohungen werden auch im emotionalen Gedächtnis, dem Hippocampus, abgespeichert, um künftig noch schneller auf Bedrohungen reagieren zu können. Beide Gehirnareale überfluten bei chronischem Tinnitus deinen Körper mit einem toxischen Neurococktail, den sogenannten Stress-Hormonen (Adrenalin, Cortisol).

Normalerweise trägt dein autonomes Nervensystem zur Regulierung der Homöostase in deinem Körper bei, ist die Tinnitus-Bedrohung jedoch sehr hoch, gerät dieses Gleichgewicht deines autonomen Nervensystems aus der Balance, die Folge: erhöhte Herzfrequenz, eine verstärkte Atmung und andere physiologischen Reaktionen, die es dir schwer machen dich zu beruhigen Diese zweite Feedbackschleife ist bei chronischem Tinnitus am stärksten ausgeprägt, besonders wenn dein Tinnitus bereits seit Monaten oder Jahren besteht und ein massives Problem in deinem Leben darstellt.

Der typische Tinnitus-Teufelskreis

Die negative Reaktion auf das Ohrgeräusch, kommt also aus zwei Richtungen:

  • vom limbischen System und dem emotionalen Gedächtnis deines Gehirns und
  • vom autonomen Nervensystem, das die physiologische Reaktion deines Körpers auf den Tinnitus verstärkt.

Das verstärkt deinen Tinnitus

Für viele Tinnitus-Betroffene stellt das Ohrgeräusch keine nennenswerte Beeinträchtigung der Lebensqualität dar, für rund 1% der Tinnitus-Patienten ist die Erkrankung jedoch so schwer, dass ein normaler Lebensalltag nicht mehr zu bewältigen ist. Zahlreiche Nebenerkrankungen, sog. Komorbiditäten verschlimmern das Tinnitus-Leiden – kein Wunder, wenn man bedenkt, welche Folgen chronischer Schlafmangel, ständige Gereiztheit, depressive Verstimmungen und soziale Isolation mit sich bringen.

  • Ein Grund für einen schweren Krankheitsverlauf besteht im sog. negativen Counseling: wenn du zB. zu deinem Hausarzt oder HNO-Arzt gehst und dieser sagt: „Tinnitus ist unheilbar, Sie müssen einfach lernen, damit zu leben.“ Hier wird die zweite Feedbackschleife getriggert, es gibt keine Hoffnung auf Heilung, das verursacht latenten Stress und der Tinnitus wird dadurch lauter, angefeuert durch starke emotionale Reaktionen in deinem Nervensystem.
  • Ein weiterer Grund für eine negative Reaktion auf den Tinnitus kann eine bereits manifestierte emotionale (Belastungs-)Reaktion in deinem Körper sein, die durch den Tinnitus weiter verstärkt wird. Das können zB. Ängste, Panikattacken, Depression, chronischer Stress, Schlafstörungen oder ständiges Grübeln sein.

Wie gelingt die Gewöhnung an den Tinnitus?

Die Habituation (Gewöhnung) des Tinnitus tritt am ehesten dann ein, wenn sowohl die erste als auch die zweite Feedbackschleife im Gehirn unterbrochen wird. Das bedeutet, dass du (nicht der Tinnitus!) das ständige Hin und Her zwischen den einzelnen Elementen nicht mehr verstärkst. Du musst also vollständig verstehen, was in der ersten und zweiten Feedbackschleife passiert, dann kannst du innehalten und entsprechend handeln. Das bringt dir wieder die Kontrolle über deine Tinnitus-Wahrnehmung und -verarbeitung, das führt zur Entspannung deines Nervensystems und das wiederum zum Nachlassen deiner Tinnitus-Beeinträchtigung.

Ist eine Tinnitus-Gewöhnung wirklich möglich?

Ja, eine Gewöhnung an den Tinnitus ist tatsächlich real. Für die obere Rückkopplungsschleife der Gewöhnung an den Tinnitus kann man etwas tun, nämlich versuchen, sich geistig nicht zu sehr auf den Tinnitus zu fokussieren. Hier ist eine gängige Möglichkeit, wie sich das bemerkbar macht. Nehmen wir an, jemand hat Ohrgeräusche, und in den nächsten zwei Wochen verbringt er täglich viele Stunden damit, im Internet zu recherchieren, was er denn gegen seinen Tinnitus tun könnte. Genau das ist eine mentale Hyperfokussierung auf den Tinnitus, also die oberen Rückkopplungsschleife.

Dadurch wird der Tinnitus nur intensiver und lauter, was diesen Jemand nun dazu veranlasst, sich noch mehr zu konzentrieren, weil er das Gefühl hat, dass es nur noch schlimmer wird, wenn er es jetzt nicht herausfindet. Das erzeugt ein verstärktes Gefühl von Stress und Angst, was weder dazu beiträgt, die obere Rückkopplungsschleife zu stoppen, vielmehr wirkt es sich direkt auf die untere Rückkopplungsschleife aus – den Teil des autonomen Nervensystems.

Um das autonome Nervensystem nachhaltig zu entspannen, müssen wir uns mit dem parasympathischen Nervensystem näher befassen: das ist jener Teil des Nervensystems, der durch tiefe Entspannung aktiviert wird. Dabei kann es sich um geistig-körperliche Praktiken handeln wie zB geführte Atmung, geführte Meditation, Yoga, ein warmes Bad oder eine Übung jeden Abend vor dem Einschlafen. Alles, was dich erdet, beruhigt, in einen positiven Zustand versetzt und deinen Körper entspannt, wird das parasympathische Nervensystem aktivieren. Das ist der direkteste Weg, um wieder Kontrolle zu über dein Nervensystem zu erlangen und aus der unteren Rückkopplungsschleife herauszukommen.

Im unteren System gibt es Techniken, die bei manchen Menschen gut funktionieren und bei anderen wiederum weniger. Ich möchte dich daher ermutigen, deine ganz persönliche Entspannungsmethode zu finden. Da sowohl die obere als auch die untere Rückkopplungsschleife ent-triggert werden muss, kannst du Techniken ausprobieren, die in beiden Systemen wirken. Wenn du dir genug die Zeit dafür nimmst, motiviert bist und die richtige Anleitung dafür zur Verfügung hast, wirst du schnell Fortschritte in Bezug auf deine Lebensqualität und jene emotionalen Reaktionen bzw. den Stress, den du durch den Tinnitus hast, feststellen.

Erst dann, wenn du deine Hyperfokussierung auf den Tinnitus in der oberen Rückkopplungsschleife beenden und die Reaktion deines parasympathischen Nervensystems in der unteren Rückkopplungsschleife verstärken kannst, dann findet die Gewöhnung an die unliebsamen Ohrgeräusche statt. Aber mach dir nicht zu viel Druck, die Habituation erfolgt auf natürliche Weise und lässt sich nicht erzwingen.Denke immer daran, dass es keine Möglichkeit gibt, die Gewöhnung an den Tinnitus zu erzwingen. Sie tritt wirklich nur dann ein, wenn es dir leichtfällt, das obere und das untere System ansprechen. Das ist der Schlüssel dazu, dass du dich mit der Zeit an die negative emotionale Reaktion auf deinen Tinnitus gewöhnen wirst. Sei also bitte geduldig, suchen dir eine gute Anleitung und übe beständig, denn Übung + Methode = Erfolg.

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